If I RSVP to a party I make sure to come.

Wenn ich mich zu einer Party anmelde, stelle ich sicher, dass ich auf jeden Fall komme. Das sind Samantha Jones‘ Worte in einer Sex and the City Folge, in der die Freundinnen über Orgasmen reden und sie die Einzige ist, die darauf besteht. Samantha ist aber nicht die „normale“ in der vierköpfigen Freundinnengruppe, sondern die, die ihre Sexualität exaltiert über die Maßen auslebt. Und da finden wir womöglich schon den Hasen im Pfeffer.

Die amerikanische Sexualforscherin Betty Dodson hat in den 70er-Jahren im Kontakt mit feministischen Frauenbewegungen festgestellt, dass das, was selbstverständlicher intrinsischer Teil der weiblichen Sexualität sein sollte, oft noch nicht mal die Kirsche auf der Torte war. Aber das ist so in falscher Reihenfolge erzählt. Dodson war eine interessierte Frau, die, wenn ich es richtig verstanden habe, durch diese Erkenntnisse zu ihrer Forschung gelangt ist. Sie nahm an Treffen mit radikalen Feministinnen teil und zwei Aspekte in ihren Texten sind mir vorwiegend in Erinnerung geblieben. Ich habe zu meinem großen Befremden gelesen, dass es damals Feministinnen gab, die grundsätzlich Sexualität ablehnten, weil sie alles, was damit zu tun hatte, mit patriarchalischen Zwängen verband. Die Frauen lebten abstinent als politisches Statement. Wäre das nicht schon furchtbar genug, bin ich in dem Text über Dodson und die radikalen Feministinnen noch über eine weitere Sache besonders gestolpert. Betty sprach über Teilnahme an Sexpartys, bei denen die Männer natürlich Orgasmen hatten, die Frauen sie aber alle nur vortäuschten. Eine Freundin von mir, deren Mann Sexpartys veranstaltet, erzählt mir resigniert dasselbe. Und das in einer Zeit, in der wir uns rühmen, dass alles möglich gemacht werden kann und wir uns von sämtlichen gesellschaftlichen Zwängen eigentlich befreit haben sollten. Sie erzählt mir, wie sie Frauen beobachtet, die so wirken, als würden sie versuchen, pornografische Filmsequenzen zu imitieren. Sie erzählt mir, wie sie sich bei ihrem Partner mal darüber beschwert hat und er hätte ihr daraufhin disproportionale Sexsüchtigkeit unterstellt. Na super.

Nicht nur das, die Damen, die dabei gewesen wären, hätten ihn auch noch darin bestärkt, dass Sex ja auch ohne Orgasmen genossen werden kann.

Na super super. Da werde ich ja vom lesen allein schon wütend.

Meine Freundin hat mir auch erzählt, dass sie sich oft in dreier Konstellationen wiederfand, in denen sie zwei Männer ausgiebigst oral befriedigt hat und beide Männer ihren Höhepunkt genießen durften. Keinen hätte natürlich interessiert, auch ernsthaft für den ihren zu sorgen. Am Ende hätte es dann aber immer hochtrabend geheißen, sie wäre das Zentrum der Aufmerksamkeit gewesen.  Die Königin sozusagen.

Meine Freundin und ich waren und sind uns einig, dass eine Königin keine Dienstleistungen ausführt, sondern wenn man nun mal bei diesem Bild schon ist und bleiben möchte, die Untertanen sie zu ihrer vollen Befriedigung zu bedienen haben. Oder sehen wir das komplett falsch?

Warum ich das erzähle? Weil es mich beschäftigt, dass über 50 Jahre nach Betty Dodsons Erlebnissen sich offenbar nichts geändert hat. Sexpartys sind doch bitte dafür da, ein freies Ausleben der eigenen Wünsche zu feiern, für ein Durchbrechen aller Tabus. Für hedonistische Freuden, die keine Grenzen kennen. So stelle ich mir so etwas auf jeden Fall im aufgeklärten Idealfall vor.

Tatsache aber ist, dass sich Frauen immer noch nicht trauen, ihre Orgasmen selbstbewusst einzufordern. Sich seiner Selbst bewusst sein ist hier immer noch in den Kinderschuhen und das finde ich verdammt traurig. Meine Freundin erzählt mir, dass die Aufregung und der Leistungsdruck sie und die Frauen davon abhalten, in sexuellen Gruppenkonstellationen und auf Spielwiesen Höhepunkte zu erreichen. Das gilt bestimmt nicht für alle beteiligten Damen, aber schlimm genug, dass es für einige so ist. Es kann doch nicht allen Ernstes der aktuell akzeptierte Stand der Dinge im neuen Jahrtausend sein, dass wenn die Hände und Münder der selbst befriedigten Partner:innen zu erschöpft sind, man nicht souverän dann eben dazu übergeht, handelsübliche Vibratoren einfach mal als Standard Utensil der Freude in die Runde zu werfen. 

Man munkelt, dass ein vernünftiger Vibrator sein Ziel immer erreicht. Man kann sich gewissermaßen aus mechanischen Gründen dem Ergebnis nicht erwehren und der Vibrator gibt auch nicht beleidigt auf nur, weil der Zauber eben nicht immer pronto passiert. Der Zauber, die interne Explosion, die Sahne, die schmelzende, perlende, wundervolle Erleichterung, die alles schön macht und zumindest für köstliche, selige Sekunden danach friedlich stimmt.

Vor ein paar Jahren hatte ich mal eine sexuelle Begegnung, bei der der Mann von mir oral befriedigt wurde. Er kam dann wie Männer halt so kommen und wollte dann mit seinem Hund Gassi gehen. Ich traute meinen Ohren nicht und wurde recht wütend, ehrlich gesagt. Mich macht wütend, dass es Mittvierziger Leute gibt in einer rundum aufgeklärten Gesellschaft, die trotzdem ohne Umschweife kein Problem damit haben, dass der Sex nur für sie selbst gut war. Am Abend davor hatte er mir aber etwas gezeigt. Das Massagegerät über das die eben erwähnte Samantha Jones auch in einer Sex and the City Folge redet und den Magic Wand, so heißt er, so final berühmt gemacht hat. Die ebenfalls bereits erwähnte Betty Dodson benutzte genau diesen Zauberstab auch in ihren Frauengruppen für die Massenheilung aller interessierter Damen. Und weil ich beide Frauen fantastisch finde, möchte ich auch Euch diesen Magic Wand empfehlen, aber dazu später. An diesem Morgen, bat ich ungehalten meinen bockigen Liebhaber den Magic Wand, den er mir am Abend davor als Sammlerstück gezeigt hatte, bitte ins Schlafzimmer hochzubringen. Er hielt es anfänglich für einen Scherz, ich habe aber insistiert und er ging dann und holte das gute Stück aus seiner Vitrine im Wohnzimmer. Ich bin tatsächlich kein großer Fan der Selbstbefriedigung, weil ich persönlich die Auslebung meiner Lust mit einem Mann tausendmal aufregender finde, aber der Magic Wand, so schwer und groß er auch war, besorgte mir drei, vielleicht auch vier tipptopp Höhepunkte. Im fremden Bett, in einem fremden Haus ohne einen Mann, denn der ging ja gerade Gassi und mit Wut im Bauch. Damals kannte ich Betty Dodson noch nicht, die Sexualforscherin, die es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, mit Frauengruppen die eigene Sexualität so gründlich zu erforschen, dass selbst ich verlegen erröten muss. Man masturbiert gemeinsam nackt, bis man zum Höhepunkt kommt. Und das mit allen gemeinsam in einem Raum.

Es geht mir nicht darum, solche Treffen zu bewerben und noch nicht mal darum selbst an solchen Treffen teilzunehmen. Es geht mir darum, darüber zu reden, dass Orgasmen verdammt noch mal unser aller Grundrecht ist. Jede einzelne Person auf diesem Planeten hat ein Recht dazu und sollte sich niemals dafür schämen, es einzufordern und zu brauchen. Wenn sogar Frauen im Jahre 2022 auf Swingerparties noch so tun, als wäre wenn, dann ist ganz hart etwas mit angeblichen Befreiungsschlägen schiefgelaufen. Sperma Spiele sind Standard und das natürliche Ergebnis einer Orgie, aber Brigitte und Natalie sollen es sich heimlich zu Hause machen? Ich glaube nicht.

Mädels, Muttis, und alle, die sich angesprochen fühlen …nehmt Euch egal wann, wo und wie Zeit für Eure Erfüllung. Lasst Euch von Niemandem erzählen, dass Sex auch ohne Orgasmus ausreichend ist. Mag ja, kann ja alles sein, aber das ist etwas, was nur Ihr selbst entscheiden solltet und was nun mal ganz im Ernst nichts mit einer ungeduldig tickenden Uhr zu tun haben darf.

Kauft Euch Euren eigenen Zauberstab und seid immerfort glücklich.

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